In letzter Zeit habe ich einiges im Netz zur finanziellen Unabhängigkeit (engl. Financial Independence oder FI) gelesen. immer wieder tauchen dabei Geschichten mit einem ähnlichen Inhalt auf.
Und zwar, dass das Erreichen der finanziellen Unabhängigkeit und des vorzeitigen Ruhestands (engl. Financial Independence, Retire Early oder kurz FIRE) mit extremen Opfern verbunden wird. Diese gehen bei den jeweiligen Personen auch auf Kosten der derzeitigen Glückseligkeit.
Lasst uns dieses Thema mal genauer betrachten.
In den nachfolgenden Zitaten und Berichten wird kritisiert, welchen Sinn es machen soll eine lange Zeit unglücklich und entbehrungsreich zu leben. Die verbundenen Einschnitte seien es demnach nicht wert um irgendwann in ferner Zukunft die finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen.
Müssen wir überhaupt zwischen jetztigem Glück und späterer Freiheit wählen? Ist Genügsamkeit ein notwendiges Übel, das wir ertragen müssen um das Ziel von FI zu erreichen? Ich würde jedenfalls gerne ein großartiges Leben führen, mehr Zeit zurückgewinnen und gleichzeitig eine solide Vermögensanlage aufbauen.
Also alles auf einmal und zur gleichen Zeit. Ist FI für mich daher unerreichbar?
Was ist eigentlich FIRE
Financial Independence, Retire Early (FIRE) ist eine Bewegung von Leuten, die sich einem (strengen) Spar- und Investitionsprogramm verschrieben haben. Das Ziel ist es, viel früher in den Ruhestand zu gehen, als es herkömmliche Budgets und Rentenpläne erlauben würden.
Investopedia
FIRE ist aus dem 1992 erschienenen Bestseller Your Money or Your Life von Vicki Robin und Joe Dominguez hervorgegangen und verkörpert eine der Kernprämissen des Buches: Die Menschen sollten jede Ausgabe anhand der Anzahl der Arbeitsstunden bewerten, die für ihre Bezahlung erforderlich sind.
In der Regel entnehmen FIRE-Anhänger jährlich 3 – 4 % ihrer Ersparnisse, um die Lebenshaltungskosten im Ruhestand zu decken. Detaillierte Planung, wirtschaftliche Disziplin und kluges Investieren in (id.R.) Indexfonds sind meist die Schlüsselkomponenten, um FIRE zu erreichen.
Dieser Term wird häufig auf den Teil der Finanziellen Unabhängigkeit (engl. Financial Independence) oder eben kurz FI reduziert. Dieser beschreibt die finanzielle Unabhängigkeit von z.B. seinem Job, impliziert jedoch nicht einen frühen Ruhestand von der Arbeitswelt. Genau diese finanzielle Freiheit ist es, welche ich als Ziel vor Augen habe und gerne in den nächsten Jahren erreichen möchte.
Das Argument gegen die finanzielle Unabhängigkeit
Wie eingangs erwähnt gibt es zahlreiche Berichte von Menschen, die sich auf den Pfad der finanzielle Unabhängigkeit gewagt haben. Häufig in der Hoffnung, in ihrem Leben finanzielle Freiheit zu erlangen, später dann jedoch beschlossen hatten, dass dies keine so gute Idee war.
Sie geben an, dass das Geld Ansparen sie derart unglücklich gemacht hat, weshalb sie die Ambitionen der finanziellen Unabhängigkeit aufgegeben haben. Nicht alle geben an es nun ganz zu lassen, sondern haben den Zeithorizont viel länger ausgedehnt als ursprünglich geplant.
Sollten wir uns Sorgen machen, dass dieser Lebensstil in der Ansparphase negative Auswirkungen auf uns selbst haben wird? Werde ich bereuen, dass wir so viel Geld gespart haben und das Leben in der Zeit nicht genossen haben? Oder bereuen wir es später sogar, dass wir früher als manch anderer aus der traditionellen Vollzeitbeschäftigung ausgestiegen sind?
Ich werde nicht auf alle Beschwerden eingehen, denn wie es für das Internet typisch ist, nehmen diese kein Ende! Aber lasst uns ein paar weinerliche Geschichten aufschlüsseln, die mir ins Auge gesprungen sind.
Einige Punkte hiervon stammen aus einem Artikel, der meiner Meinung nach nicht viel Anerkennung verdient. Es fehlen einfach zu viele Hintergrundinformationen und Aussagen sind sehr pauschal und plakativ getroffen. Der Vollständigkeit halber ist dieser hier natürlich verlinkt.
Und noch eine kleine Vorwarnung. Nachfolgend werde ich meinen inneren Griesgram zum Ausdruck bringen! Natürlich weis ich es auch immer besser. Daher betrachtet die nachfolgenden Kommentare zwar als meine Meinung aber natürlich ist jeder hier etwas anders gestrickt.
Und los gehts…
„Die Opfer, die man bringen muss, wie z. B. die Absage von Hochzeiten oder das Auslassen von Verabredungen, können das Glück, das man jetzt erleben kann, zunichte machen.“
Moment, was? Warum muss man denn auf diese Dinge verzichten? Die Hochzeit eines Freundes absagen und auch keine Zeit mit dem Partner mehr verbringen? FI-Computer sagt anscheinend nein. So ein Quatsch!
Das wichtigste Prinzip der finanzielle Unabhängigkeit und der dahinter zugrunde liegenden Philosophie ist es, die Ausgaben für Dinge, die NICHT wichtig sind, zu streichen und die Dinge, die einem wichtig sind, zu optimieren.
Wenn man sich dafür entscheidest, etwas abzusagen, was einem wirklich wichtig ist, kann man niemandem anderem als einem selbst die Schuld geben.
„FIRE-Anhängerin X opferte nach der Heirat mit ihrem Mann die wöchentlichen Verabredungen zum Kaffee und die freitäglichen Pizzaabende, um ihre Sparquote von 70 % einzuhalten. Sie ließ auch ihre Ambitionen, ein Eigenheim in einem Vorort zu kaufen zwei Monate vor ihrer Hochzeit fallen um für diesen besonderen Tag zu sparen.“
Hmm, okay. Diese Person hat beschlossen, für ihre Hochzeit zu sparen, anstatt ein Haus zu kaufen… Das scheint vernünftig. Schließlich wäre es sehr ambitioniert zu erwarten, dass man innerhalb von zwei Monaten eine (wahrscheinlich teure) Hochzeit bezahlen und ein Haus kaufen kann. Ich habe allerdings keine Ahnung, was das mit der finanziellen Unabhängigkeit zu tun haben soll.
Ein wöchentliches Kaffeekränzchen und eine Pizza am Freitag Abend? Was würde das wohl kosten? 10 Euro für zwei Kaffee und 20 € für eine gute Pizza. Das sind 30 € pro Woche pro Person.
Wie würde sich das nun auf die Sparquote auswirken? Bei einem Paar mit zwei Einkommen, das durschnittlich zusammen 60.000€ netto verdient, würde die Sparquote von 70 % auf… 65 % fallen (ohne einrechnen der Alternativkosten für das Abendessen freitags).
Puh, 5 % Unterschied in der Sparquote. Das ist ein harter Schlag und die finanzielle Unabhängigkeit ist definitiv ruiniert! Aber im Ernst – das hat ziemlich genau NULL Auswirkung auf den Zeitpunkt der finanziellen Unabhängigkeit.
Weshalb man in diesem Fall einfach die verfluchte Pizza essen und den Kaffee trinken sollte!
„Ein weiterer Weg für passives Einkommen, der von FIRE-Anhängern propagiert wird, ist der Kauf von Immobilien. Aber das ist nicht so einfach, wie manche behaupten. Eine IT-Supportfachkraft kaufte ein Dreifamilienhaus, um ein zusätzliches Einkommen zu erzielen.“
„Sie ging das Risiko ein, sich einen ehemaligen Sträflings mit Opioidabhängigkeit als Mieter zu nehmen. Nach ein paar Monaten kündigte dieser seinen Job und zahlte keine Miete mehr.“
„Bevor sie ihn zur Rede stellen konnte, verließ er das Gebäude mit den Hausschlüsseln. Diese Rückschläge als Vermieter und der kurzfristige Umzug haben sie dazu veranlasst, ihre Ziele für den Vorruhestand zu überdenken.“
An einen Ex-Sträfling und genesenden Drogensüchtigen vermieten und die Immobilie selbst verwalten. Was kann da schon schief gehen? Aber vermutlich ist es dennoch die Schuld der FIRE-Bewegung. Erstaunlich wieviele Leute davon ausgehend dass man mit derart riskanten Investitionen das Ziel der finanziellen Unabhängigkeit erreichen kann?
Nun, wie wäre es, in etwas zu investieren, das diversifiziert und, ihr wisst schon, tatsächlich passiv ist! Zum Beispiel in einen Indexfonds. Hier wird das Einkommen wie ein Uhrwerk gezahlt, es gibt keine Rechnungen, keine Leerstände. Alle anderen arbeiten hart für einen, außer man selber!
„Ich würde gerne finanziell unabhängig sein. Aber warum so leben, als hätte man kein Geld nur um früh in Rente gehen zu können und dann so frugalistisch weiter zu leben? Ich will einen angenehmen Lebensstil!“
Was die Leute wirklich mit einem „angenehmen Lebensstil“ meinen, ist im wesentlichen Konsum auf Steroiden. Ein oft oberflächlicher und materieller Lebensstil, der dem einer Berühmtheit ähnelt und viele unnütze Dinge beinhaltet.
Aber das ist in Ordnung, denn Promis sind bekanntlich die zufriedensten Menschen überhaupt, nicht wahr? Es gibt keine psychischen Probleme, keine Drogenabhängigkeit, keine leeren Beziehungen und keine fehlgeleiteten Werte!
Lasst uns für einen Moment innehalten und mal reflektieren. Ich behaupte mal, dass die meisten von uns bereits ein äußerst schönes Leben führen. Es ist nur so, dass sich die meisten immer mit jemand anderem vergleichen, die etwas mehr haben. Und dabei wird dann vergessen, wie gut es einem selbst bereits geht.
Wir leben in der wohlhabendsten Zeit der Menschheitsgeschichte. In einem der reichsten Länder der Welt. Mit einem Rekord an persönlichem Wohlhaben, materiellem Luxus und dem höchsten Lebensstandard aller Zeiten!
Unsere Vorstellung vom „angenehmen Leben“ wird durch einen winzigen Teil der Oberschicht um uns herum völlig verzerrt, ohne dass wir wissen wer diese Menschen wirklich sind und ob sie mit ihrem Besitz glücklich sind. Und manchmal es sich vielleicht selbst nicht leisten können aber einfach so tun.
Ein Großteil der Weltbevölkerung könnte uns (zu Recht) für extrem verwöhnte Arschl***** halten. Nun könnte man einwenden, dass die meisten Menschen eben nicht so denken. Und genau das ist das Problem!
Obwohl wir zur Spitzengruppe der reichsten Menschen der Welt gehören, schauen wir immer noch auf diejenigen, die über uns stehen, und denken, wir hätten irgendwie das Nachsehen.
Das ist eine etwas verzerrte Sicht auf unseren wahren Lebensstandard. Wenn wir uns schon mit anderen messen, dann sollten wir es mit den anderen 99,9 % der Weltbevölkerung tun.
„FIRE ist nur möglich, wenn man so gut wie KEIN Geld ausgibt und fast ALLES von seinem Gehalt spart.“
Nö. Wenn man nachrechnet ergibt sich ein anderes Bild. Im Folgenden ein Beispiel dazu, wie lange es dauert um die finanzielle Freiheit zu erreichen. Dies ist basierend auf verschiedenen Sparraten und unter der Annahme einer jährlichen Rendite von 5 % (nach Inflation) und einer sicheren Entnahmerate von 4 % pro Jahr.
Diese Zahlen beinhalten nicht die Nutzung der staatlichen oder anderweitig privaten Altersvorsorge. Diese kann einen noch früheren Eintritt in den Ruhestand rechtfertigen, wenn man das in seinen langfristigen Plan aufnimmt.
Sparrate | Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit |
10% | 51 |
20% | 37 |
30% | 28 |
40% | 22 |
50% | 17 |
60% | 12,5 |
70% | 8,5 |
80% | 5,5 |
Diese Zahlen kennen die meisten von euch wahrscheinlich schon! Wie man sieht, ist das Erreichen der finanziellen Unabhängigkeit in einer relativ kurzen Zeit machbar. Wenn man mit 25 anfängt und etwas mehr als die Hälfte seines Gehalts spart, ist man bereits mit 40 am Ziel!
Wenn du mehr ausgeben und es in 20 Jahren schaffen willst, dann ist das auch kein Problem. Und man wird trotzdem in den 40ern die finanzielle Unabhängigkeit erreichen! Die Wahrheit ist, dass man das für jedes Alter irgendwie einrichten kann.
Bei der FIRE-Bewegung geht es nicht um extreme Entbehrungen. Es geht darum Zeit und Entscheidungsfreiheit für sich zurück zu gewinnen. Dies wird häufig dadurch erreicht, indem man den Konsum zurück dreht und ein Leben mit mehr Bedeutung aufbaut außer materiellen Ehrgeiz.
Der Grund dafür, dass dies ohne extreme Opfer möglich ist, liegt in dem glücklichen Leben, das viele von uns bereits führen. Oh, und der Tatsache, dass die meisten Vollzeit-Einkommen höher sind als die tatsächlichen Kosten für unsere Bedürfnisse.
Unser eigenes Leben der „Entbehrung“ besteht darin, dass wir in einem Apartment leben, welches genau die richtige Größe hat und zudem in einer der schönsten Gegenden von Sydney liegt. Wir essen leckeres und nahrhaftes Essen, treiben ausreichend Sport und unternehmen Reisen innerhalb und außerhalb des Landes.
Außerdem genießen wir eine ausgezeichnete und oft kostenlose Gesundheitsversorgung, besuchen Freunde, gehen regelmäßig in Cafés und Restaurants und haben diese praktischen Smartphones, wie alle anderen auch. Und natürlich ein zuverlässiges, fast zehn Jahre altes Auto, das die meiste Zeit unbenutzt rumsteht.
Die jährlichen Kosten für diesen sehr angenehmen Lebensstil belaufen sich bei uns auf etwa 80.000 AU$ (umgerechnet 49,486 €). Die darin enthaltene Miete macht mit Abstand den Hauptteil aus! Wir könnten in jeder Kategorie noch viel mehr ausgeben. Aber wir könnten auch ohne weiteres weniger ausgeben (Miete), wenn wir das wollten oder müssten.
Wenn man in einer teuren Großstadt lebt, kann man die Vorteile hoher Gehälter nutzen. Sofern man dabei die Ausgaben moderat hält, indem man auf ein teures Auto verzichtet und eine vernünftige Wohnung wählt, kann man auch in einer solchen Situation FI erreichen.
Niemand wird gezwungen, für etwas viel Geld auszugeben.
„Aber meine Ausgaben machen mich glücklich. Ohne sie werde ich unglücklich sein.“
Was? Alles davon? Das bezweifle ich stark. Wenn jemand glaubt, dass die Ausgaben einen glücklicher machen, weis vermutlich nicht was wirklich glücklich macht.
Was wir durch konsumbedingte Ausgabe bekommen, ist im Grunde dasselbe wie ein Zuckerrausch. Ein Rausch, der uns kurzfristig ein gutes Gefühl gibt, uns aber auf Dauer abhängig und vielleicht sogar krank macht. Und nicht nur das, es befriedigt uns auch nicht auf Dauer – wir wollen immer mehr.
Das ständige Streben nach mehr Mist, nach einem besseren, ausgefalleneren Lebensstil ist im besten Fall unproduktiv und im schlimmsten Fall geradezu zerstörerisch.
Viele Vollblutkonsumenten haben daher immer noch nicht herausgefunden, was wichtig ist und was nicht. Das führt dazu, dass sie ihre begrenzte Freizeit dazu nutzen, diesen kurzfristigen Höhenflügen hinterherzujagen, um sich die Tretmühle des 9to5 Arbeitslebens so schmackhaft wie möglich zu machen.
Stattdessen kann man aber auch einen alternativen Weg gehen und das System quasi kurzzuschließen. Indem man die Diskrepanz zwischen den wiederkehrenden Ausgaben und einem wirklich zufriedenen Lebensstil erkennt.
Versteht mich nicht falsch. Konsum gehört zum (westlichen) Lebensstandard dazu. Allerdings geht dies auch etwas reduziert. Und häufig sind die Dinge die man für ein glückliches Leben braucht, dramatisch weniger ist als man glaubt.
„Wenn der Markt zusammenbricht, werden all diese Frührentner wieder zu ihrem Job zurück kriechen.“
Diese Aussage kommt in der Regel von verärgerten Karrieresklaven mittleren Alters, denen investieren Angst macht und für die ein guter Job die ultimative Sicherheit darstellt.
Aber was können FIRE Anhänger in diesem Szenario tun? Da gibt es einiges…
Zunächst einmal könnte man einfach weniger ausgeben (viele sind da sehr flexibel). Man kann eine typische Absicherung durch Bargeldreserven oder Anleihen nutzen, um das monatliche Einkommen aufzustocken, bis sich der Markt wieder erholt. Man kann auch versuchen, durch Teilzeitarbeit, freiberufliche Tätigkeiten usw. wieder oder weiterhin Geld verdienen.
Es ist dabei wichtig zu erwähnen, dass sich die oft zitierte 4 %-Regel als ein relativ sicherer Betrag für Investoren erwiesen hat. Mit ein wenig Flexibilität auf der Einkommens- und Ausgabenseite gibt es daher keinen Grund, während eines Bärenmarktes direkt in Panik zu geraten.
Werden einige Angst bekommen und wieder etwas mehr Arbeiten gehen? Vermutlich. Aber der Gruppe der finanziell Unabhängigen wird es in einem solchen Marktsituation weitaus besser ergehen als dem Rest der Bevölkerung.
Und warum? Weil man nicht nur gelernt hat anpassungsfähig und gut im Umgang mit Geld zu sein. Man geht vermutlich auch mit einem großen Vermögen und niedrigen Ausgaben in den Bärenmarkt.
Im Gegensatz dazu steht der verwöhnte Haushalt mit hohen Ausgaben, der sich zu 100 % auf sein Gehaltseinkommen verlassen muss um über die Runden zu kommen. Wenn dann auch noch nur geringe Ersparnisse und null Kapitalerträge vorhanden sind, kann es bei einer betriebsbedingten Kündigung schnell eng werden!
„Aber ich möchte meinen Kindern die beste Ausbildung geben, ihnen einen Vorsprung im Leben verschaffen, ihnen helfen, ihre erste Immobilie zu kaufen usw.“
Wenn man dies in seinem Lebensplan berücksichtigen möchte, dann sollte man das auch. Interessanterweise wird dies in der Regel von erfolgreichen, gut verdienenden Leuten geäußert, die es oft ohne eine teure Privatausbildung zu etwas gebracht haben. Ein bisschen ironisch, oder?
Diese Menschen haben hart studiert, ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaftet und sind nun wohlhabende Erwachsene. Sie haben gelernt, hart für etwas zu arbeiten, vernünftig mit Geld umzugehen, und sind zu Recht sehr stolz auf ihre Fortschritte.
Weshalb es nun auch absolut sinnvoll ist, ihren eignen Kindern einen Vorsprung im Leben zu verschaffen, nicht wahr?
Falsch!
Indem man seinem Kind den Lebensunterhalt bezahlt und ihm „nur das Beste“ auf dem Silbertablett serviert, beraubt man es meines Erachtens des Erlernen vieler wertvoller Fähigkeiten. Es wird ja alles bezahlt und „Papa und Mama werden sich schon darum kümmern“ wenn das Geld mal knapp wird.
Wie sollen Kinder dabei lernen, mit ihrem eigenen Geld gut umzugehen? Warum sollten sie sich die Mühe machen?
Die Antwort ist, dass sie es wahrscheinlich nicht tun werden. Ich bin ein relativ frisch gebackener Papa und mein Ziel ist es meinen Kind(ern) nicht unbedingt alles zu geben was Sie sich wünschen. Ein verwöhnter Lebensstil kann zu einem Anspruchsdenken und der Gefahr führen, dass sie beim Umgang mit Geld vielleicht realitätsfremd werden.
Mein Ziel ist es, meine Familie in eine Situation zu bringen, in der wir zusammen mehr Zeit verbringen können. Im Ergebnis bekommen unsere Kinder ihre Eltern ein wenig zurück. Das m.E. das beste Geschenk, das wir unseren Kindern machen können.
Sobald sich die Kleinen als verantwortungsvolle Erwachsene etabliert haben, ist es freilich in Ordnung, wenn man ihnen unter die Arme greift.
Rückblick auf die FIRE-Philosophie
Ich hoffe, du kannst inzwischen erkennen, dass die meisten Beschwerden über die FIRE-Bewegung etwas weit hergeholt ist. Man sollte nicht auf Dinge verzichten, die einem extrem wichtig sind.
Es bleibt zu bedenken, dass die wichtigsten Dinge im Leben oft gar nicht viel mit Geld zu tun haben! Vielmehr geht es darum zu entscheiden, wofür es sich wirklich lohnt, Geld auszugeben und wofür eben nicht.
Und wenn wir unsere Freizeit mehr schätzen als jedes Jahr ein neues Auto, werden die Ausgaben eben anders priorisiert. Besonders auch im Hinblick auf die weltweite Erderwärmung. Ich schaue zu dir, Allrad betriebener Q7, X5 oder Tuareg der noch nie einen Feldweg gesehen hat in seinem Leben.
Das bedeutet, dass Bereiche, die keinen echten Nutzen im Vergleich zu den Ausgaben bringen, reduziert werden können. Täglicher Lieferdienst, Geländewagen mit dazugehörigem Autokredit. Häuser, die zu groß für unsere Bedürfnisse sind. Ständige Upgrades von allem. Die Liste geht weiter und weiter.
Nachdem man herausgefunden hat, worauf es ankommt, gibt es einen Ausweg: Lass den ganzen Mist einfach weg. Optimiere alles andere. Für fast alle von uns gibt es eine Möglichkeit, das gleiche Maß an Glück und Lebenszufriedenheit (oder mehr) zu erreichen, und zwar für viel weniger, als wir derzeit ausgeben.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass man seine Beziehung zu Geld ändern muss. Weshalb es nicht immer einfach sein wird. Es wird sicherlich ein wenig unangenehm sein, manchmal sogar schwierig. Aber so wachsen wir als Person und entwickeln bessere, nachhaltigere Werte.
Fazit
Auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit geht es sicherlich nicht um Entbehrungen oder Verzicht. Vielmehr geht es um bewusste Ausgaben, Prioritäten und einfach darum, unsere finanziellen Angelegenheiten in den Griff zu bekommen.
Wenn du dich dabei unglücklich fühlst machst du etwas falsch. Vielleicht musst du deine Werte überdenken oder (in deinem Leben und deinem Budget) Platz für das schaffen, was dir wirklich wichtig ist. Auch wenn das dann eben die finanziellen Unabhängigkeit ein paar Jahre verschiebt.
Und glücklicherweise kann die finanzielle Freiheit für diejenigen, die sich die FIRE-Philosophie zu eigen machen, überraschend schnell Wirklichkeit werden.
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